Tanja M., Lehrerin für Englisch, Geschichte und Sozialkunde:
[Beitrag im Betzold-Blog für Lehrerinnen und Lehrer]
Ich unterrichte seit 17 Jahren Englisch, Sozialkunde und Geschichte am Gymnasium und erlebe immer wieder sehr korrekturintensive Phasen. Vor einiger Zeit lagen zwei Kurzarbeiten in Sozialkunde so knapp vor dem Notenschluss, dass mehrere stressige Korrekturtage am Stück unvermeidlich erschienen – wäre da nicht der Mathelehrer meiner Tochter gewesen. Der ließ Klassenarbeiten in Mathe schon seit einiger Zeit am PC durchführen und hatte dadurch so gut wie keinen Korrekturaufwand. Wäre das auch in einem Fach wie Sozialkunde möglich? Angesichts meiner Zeitnot war ich bereit, mich auf das Experiment einzulassen.
Nun muss ich zugeben, dass ich bis dahin kein großer Fan von Tests mit geschlossenen Antwortformaten war, zumal meine Tochter bei diesen Arbeiten nicht unbedingt besser abgeschnitten hatte als sonst. Andererseits wusste ich von besagtem Mathelehrer, dass es auch Schüler gibt, die sich mit diesem Format leichter tun.
Ich bestellte einen Probezugang für die Testplattform Test7, die ich bereits von den Mathearbeiten meiner Tochter her kannte. Mir wurde schnell klar, dass es kein Spaziergang werden würde, geeignete Multiple-Choice-Aufgaben für meinen Prüfungsstoff „Außenpolitik“ zu entwickeln. Tatsächlich kostete es mich einige Stunden, bis ich meine zehn Multiple-Choice-Fragen zusammen hatte. Ich ergänzte sie noch durch drei offene Fragen, bei denen die Schüler wie gewohnt frei drauflosschreiben konnten, schon weil es mich selbst beruhigte, neben dem sonst völlig neuen Format auch übliche Frageformate einzusetzen. Während die Multiple-Choice-Fragen automatisch ausgewertet wurden, mussten die Texte der Schüler von mir selbst korrigiert werden.
Auf die mühevolle Testvorbereitung folgte der angenehme Part. Die Bearbeitung der Tests am PC fiel den Schülern erwartungsgemäß technisch nicht schwer. Ich ließ, wie auch sonst, Trennwände zwischen die PCs stellen, um das Spicken zu erschweren, aber auch die Erstellung von zweierlei Gruppen wäre unproblematisch gewesen.
Bereits während des Tests konnte ich an meinem Rechner mitverfolgen, wie gut oder schlecht die einzelnen Multiple-Choice-Fragen beantwortet wurden. Bei Fragen, deren Lösungsquote überraschend gering war, konnte man durch kleine Hinweise an alle Schüler noch etwas Hilfestellung bieten.
Nach der Testdurchführung musste ich noch die Antworten für die drei offenen Fragen bepunkten. Das ging leichter als erwartet, da ich pro Frage bequem von einem Testbogen zum nächsten klicken konnte und die Antworten sehr gut aufgeräumt in immer demselben Kasten erschienen. Durchlesen, passende Punktzahl ankreuzen, evtl. kurze Erläuterung dazuschreiben – nächste Arbeit usw.
Am Ende war ich erstaunt, dass es von den Ergebnissen her keine großen Abweichungen gegenüber meinen bisherigen Arbeiten in beiden Kursen gab. Die sonst leistungsstarken Schüler hatten im Großen und Ganzen auch bei diesem Testformat überdurchschnittlich gut abgeschnitten, ebenso verhielt es sich mit den leistungsschwachen Schülern. Vereinzelt gab es allerdings auch Verlierer und Gewinner dieser Testform – was ich aufgrund der Erfahrung mit meiner Tochter nicht anders erwartet hatte. Dies empfinde ich jedoch als durchaus legitim, wenn man Test7 als das nimmt, was es ist: Eine Testform, die andere Kompetenzen der Schüler/-innen testet, als sie dies von den üblichen Formen von Schulaufgaben oder Extemporalen gewohnt sind.
Mein Fazit:
Testen mit Multiple-Choice bedeutet für den Lehrer und manchen Schüler eine enorme Umstellung. Beim Lehrer verlagert sich der Arbeitsaufwand – zumindest anfänglich – ganz klar von der Korrektur hin zur Vorbereitung. Allerdings ist es manchmal eine interessante Abwechslung, sich gute Multiple-Choice-Fragen auszudenken, statt mit dem Rotstift in Schülerarbeiten herumzufuhrwerken.
Vor allem aber erwarte ich mir mit zunehmender Erfahrung und Wiederverwendung/leichter Abwandlung alter Fragen auf lange Sicht eine deutliche Zeiteinsparung. Ich werde das Testen mit geschlossenen Antwortformaten als Nächstes auch in meinen beiden anderen Fächern Geschichte und Englisch ausprobieren. Gerade für kleine Leistungsnachweise halte ich dies durchaus für geeignet.
Ich hoffe, mit meinem Artikel ein wenig Interesse am Thema Multiple-Choice-Test geweckt zu haben und gebe gerne zu, ihn nicht ganz uneigennützig verfasst zu haben: Je mehr Kollegen/Kolleginnen sich auf dieses Format einlassen und geeignete Fragen konstruieren, desto leichter wird es für alle Beteiligten, da die meisten Testplattformen den Austausch von Tests und Fragen unter Lehrern ermöglichen.
21.02.18